Rudolf Urech-Seon

18.2.1876 - 23.7.1959

Geboren 1876 im aargauischen Seon. Nach der Flachmalerlehre 1905 Übernahme eines Malergeschäftes in Seon, das er zu Gunsten seiner künstlerischen Ausbildung bei Hermann Groeber an der Münchner Kunstakademie (1913–1916) aufgibt. Studium der Werke von Arnold Böcklin, Anselm Feuerbach und Hans von Marées, Auseinandersetzung mit den deutschen Spätimpressionisten. 1918 endgültige Niederlassung in Seon. Um sich vom gleichnamigen Basler Maler Rudolf Urech (1888–1951) abzugrenzen, nennt er sich fortan Urech-Seon. Ab 1920 Mitglied der GSMBA-Sektion Aargau; ab 1947 in der Künstlergruppe Allianz. Erste Einzelausstellung 1919 in Seon, 1946 Einzelausstellung in der Zürcher Galerie „Des Eaux-Vives“; 1947 vertreten in der Ausstellung der Allianz im Kunsthaus Zürich, 1954 im Helmhaus Zürich; 1948 und 1950 „Salon des Réalités Nouvelles“ Paris; 1991 Retrospektive im Aargauer Kunsthaus Aarau.

Von der Münchner Schule und Hodler geprägt beginnt der Künstler als naturalistischer Landschaftsmaler. Dies verhilft ihm zur GSMBA-Mitgliedschaft und damit zu öffentlichen Aufträgen und zur Teilnahme an kantonalen Ausstellungen. Schon bald entwickelt er Kompositionen, in denen er sich auf die konstruktiven Elemente der Bildgegenstände wie Linie, Fläche und Rhythmus konzentriert. Mit diesen Werken hat er nur wenig Erfolg und gerät Ende der 1920er-Jahre in eine Schaffenskrise. Im Lauf der 1930er-Jahre findet er mit gedämpften, gebrochenen Farbklängen allmählich zur geometrischen Abstraktion, wobei der gegenständliche Ausgangspunkt ablesbar bleibt. Urech-Seon wird damit zum ersten und lange einzigen Maler im Kanton Aargau, der sich mit der Abstraktion auseinandersetzt, was ihm Unverständnis und vehemente Kritik der stilistisch konservativen GSMBA-Kollegen einbringt. Der Maler Paul Eichenberger wirft ihm vor, er reite mit seiner künstlerischen Ausdruckweise einen „ort- und rassenfremden Pegasus“ und hänge fremden, neuen Modeerscheinungen nach. Mangels Gleichgesinnten in der regionalen Künstlerschaft orientiert sich Urech-Seon an den Ausstellungen der Avantgarde in Zürich und Basel (1932 Picasso, 1933 Braque, 1938 Le Corbusier) und findet dort die Bestätigung für seinen eigenen künstlerischen Weg. Damit tritt Urech-Seon in die Reihe der Künstler, die im Vorfeld der Landesausstellung 1939 mit ihren Werken stilistisch ausscheren und als „unschweizerisch“ keinen Eingang ins Bildprogramm der Landi finden.

Zu Beginn der 1940er-Jahre setzt er sich im Bann des Kriegsgeschehens mit surrealistischen Bildkompositionen auseinander (Realpolitik, 1941). Kürzelhafte Bildzeichen und amorphe Figuren tauchen in symbolhaftem Braun und Rot auf. Die angedeuteten Bildaussagen werden in klar begrenzten Flächen und sinnbildlichen Farben umgesetzt.

Ab 1945 entstehen Kompositionen mit geometrischen und rund schwingenden Formen in intensiven Farben, ohne dass der Bezug zur Gegenständlichkeit ganz aufgegeben wird. Diese Werke kann er ein Jahr darauf zu seinem 70. Geburtstag in der Galerie „Des Eaux-Vives“ des Zürcher Malers und Galeristen Hansegger zeigen, der vor allem Werke der Zürcher Konkreten und der schweizerischen avantgardistischen Künstlervereinigung Allianz zeigt. Diese Kompositionen bringen Urech-Seon die Anerkennung, die ihm in seinem Heimatkanton stets verwehrt wurde, und führen 1946 zum Beitritt in die Allianz. Der Maler stellt von nun an nur noch im Zusammenhang mit der Allianz aus. Er lebt zurückgezogen und isoliert sich von der GSMBA. Ab 1948 erschafft er ein Alterswerk, welches sich im Rahmen einer repetitiv eingesetzten Formensprache und eines reduzierten Farbenrepertoires bewegt.

Corinne Sotzek, 2008, in: SIKART, Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst, Hrsg. Schweiz. Institut für Kunstwissenschaft, Zürich 2009 (elektronische Version).

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